Mit Beendigung eines Arbeitsverhältnisses haben Sie einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Das bedeutet, Ihr Arbeitgeber beurteilt Ihre erbrachten Leistungen, Ihre Motivation und Ihr Verhalten während des gesamten Beschäftigungsverhältnisses. Dabei ist er zu einem Wohlwollens-, Wahrheits- und Klarheitsgrundsatz verpflichtet. Das bedeutet: Der Inhalt darf keine Unklarheiten, Auslassungen oder inkorrekte Aussagen enthalten. Aber auch Tippfehler, Flecken und Knicke haben im Arbeitszeugnis nichts zu suchen. Mittlerweile hat sich eine Art Zeugnissprache etabliert, die bei der Deutung eines Arbeitszeugnisses weitergehende Erkenntnisse über den beurteilten Mitarbeiter erlaubt. Endzeugnisse werden beim Verlassen des Unternehmens ausgestellt und gehören neben Ihrem Lebenslauf zu den wichtigsten Anlagen Ihrer Bewerbung. Es lohnt sich also, das Zeugnis – sobald Sie es erhalten – auf „Herz und Nieren“ zu prüfen/prüfen zu lassen und ggf. den Unterzeichner um eine Anpassung zu bitten. Was hat es nun aber mit dem Zwischenzeugnis auf sich?
Die Bedeutung des Zwischenzeugnisses
Ein Kollege hat Ihnen im Vertrauen erzählt, dass er sich ein Zwischenzeugnis hat ausstellen lassen - oder Sie spielen mit dem Gedanken, eine Beurteilung Ihrer bisherigen Leistungen anzufordern. Wahrscheinlich fragen Sie sich: Wem steht ein Zwischenzeugnis zu, welches sind die Voraussetzungen, was für ein Nutzen hat es und kann es für Sie eventuell auch problematisch sein, eine solche Bitte vorzutragen?
Zunächst ist Folgendes festzuhalten: Ein Zwischenzeugnis steht jedem zu, der ein berechtigtes Interesse hat. Aber Achtung: Die unvermittelte Frage nach einem Zwischenzeugnis erweckt schnell den Eindruck, Sie wollen sich nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen. Hier ist also schon einmal Fingerspitzengefühl gefragt.
Wenn Sie sich in einem bestehenden ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, kann eine gute Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mitunter einen Schutz gegen eine spätere personen- oder verhaltensbedingte Kündigung darstellen. War die bisherige Zusammenarbeit positiv, fällt die Beurteilung in einem Zwischenzeugnis zudem sicher gut aus. Und es gibt noch ein sehr gutes Argument, das manchen nicht bewusst ist: Wurde einmal ein Zwischenzeugnis erstellt, so setzt dies einen Maßstab für das spätere Endzeugnis. Die hier aufgeführten Leistungen und Beurteilungen dürfen im Endzeugnis nicht unbegründet widerrufen werden, ein Arbeitgeber muss eine im Endzeugnis schlechtere Beurteilung rechtfertigen. Bundesarbeitsgericht Wagen Sie also ruhig den Schritt, nach einem Zwischenzeugnis zu fragen!
Wann liegt ein „berechtigtes Interesse“ vor?
Es gibt zahlreiche Situationen, in denen Sie mit gutem Grund ein Zwischenzeugnis beantragen können. Wenn Sie befürchten, Ihr Arbeitgeber könnte sich dagegen sträuben: Hier eine Auswahl durchsetzbarer Gründe, die nachvollziehbar sind und in der Regel auch nicht ohne Weiteres abgelehnt werden.
Sie wurden befördert
Herzlichen Glückwunsch. Holen Sie sich für Ihren bisherigen Job eine abschließende Beurteilung.
Sie bekommen einen neuen Vorgesetzten
Es ist üblich, dass Sie in diesem Fall eine Leistungsbeurteilung erhalten. Sollten Sie diese nicht automatisch bekommen, fragen Sie aktiv danach.
Sie wurden versetzt
Bei einer Versetzung wechselt in der Regel nicht nur der Vorgesetzte – auch hier macht es Sinn, sich ein Feedback über Ihre bisherigen Leistungen geben zu lassen.
Sie bekommen im Unternehmen eine andere Position
Wie bei einer Beförderung können Sie sich für Ihre bislang erbrachte Leistung eine abschließende Beurteilung einholen.
Eine Betriebsübernahme steht an
In so einer Situation stehen Arbeitsplätze oftmals auf dem Prüfstand, im äußersten Fall drohen auch Entlassungen. Fragen Sie jetzt unbedingt nach einem Zwischenzeugnis.
Ihre Arbeitsaufgaben haben sich verändert
Sie bekommen neue Aufgaben hinzu oder geben welche ab, zum Beispiel durch Umstrukturierungen im Unternehmen. Oder ein Kollege, den Sie für längere Zeit in seinem Aufgabenbereich vertreten haben, kehrt zurück und Sie übernehmen (wieder) andere Aufgaben. Lassen Sie sich in beiden Fällen ein Zwischenzeugnis aushändigen.
Ihnen steht eine Entlassung bevor
Ihr Unternehmen ist aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, Stellen abzubauen. Auch wenn Sie nicht wissen, ob Sie von dieser Maßnahme betroffen sein werden, empfiehlt es sich ein Zwischenzeugnis ausstellen zu lassen.
Bei langer Betriebszugehörigkeit
Sie sind schon lange im Unternehmen beschäftigt, haben aber bislang noch keine schriftliche Bewertung Ihrer Leistung erhalten. Dann warten sie nicht länger und fragen nach einem Zwischenzeugnis!
Sie gehen in Elternzeit bzw. nehmen ein Sabbatjahr
Eine geplante längere Auszeit vom Job ist ein nachvollziehbarer Grund, sich ein Zwischenzeugnis ausstellen zu lassen. Schließlich könnte der Arbeitgeber nach Ihrer längeren Pause Ihre Leistungen nicht mehr ganz präsent haben.
Sie möchten den Job wechseln
Mit einem guten Zwischenzeugnis im Gepäck haben Sie gute Chancen im Bewerbungsverfahren. Seien Sie aber sehr diplomatisch, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber dieses Anliegen vortragen.
Was Sie sonst noch wissen sollten:
Die Erstellung eines Zwischenzeugnisses bedeutet für Ihren Arbeitgeber genau so viel Zeitaufwand wie das Verfassen eines Endzeugnisses. Um Missverständnissen und Unklarheiten vorzubeugen, stellen Sie Ihren Antrag lieber schriftlich.
Wichtig:
Im Zwischenzeugnis gelten die gleichen formalen und inhaltlichen Anforderungen wie in einem Arbeitszeugnis. Wenn Sie sich über die Qualität des Zwischenzeugnisses unsicher sind, können Sie es gerne von uns prüfen lassen.
Unser Angebot dazu finden Sie hier: Arbeitszeugnis Check
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