"Herzlich Willkommen in der Familie." Eine Begrüßung, die Sie wahrscheinlich gerne von Ihren zukünftigen Schwiegereltern hören würden. Aber auch von Ihrem Arbeitgeber? Natürlich, jeder möchte sich an seinem Arbeitsplatz wohl fühlen. Schließlich verbringen wir hier sehr viel Zeit unseres Lebens – 40 Stunden die Woche, meistens mehr. Da kann sich der Arbeitsplatz sehr schnell anfühlen wie ein zweites Zuhause. Und je mehr produktive Zeit Sie in diesem zweiten Zuhause verbringen, je größer Ihre Motivation, umso besser. Jedenfalls für Ihr Unternehmen.
Mitarbeiter lassen sich auf verschiedene Weisen an ihren Arbeitsplatz binden, unter anderem über die emotionale Schiene. Das kann etwas sehr Schönes sein. Denn jeder von uns sehnt sich nach dem Gefühl von Anerkennung und Zugehörigkeit. Zu den fünf sozialen Grundbedürfnissen des Menschen gehören nach den amerikanischen Autoren Fisher und Shapiro Wertschätzung, Autonomie, Verbundenheit, Status und Rolle. Sie gehen davon aus, dass wenn eines oder mehrere dieser Bedürfnisse durch den Arbeitgeber befriedigt werden, sich der Arbeitnehmer dem Unternehmen deutlich verbunden fühlen wird. Dieses Verbundenheitsgefühl aber absichtlich auszunutzen, bedeutet den Mitarbeiter zu manipulieren.
Häufiges Lob spricht beispielsweise Ihr Grundbedürfnis nach Wertschätzung an. Dadurch steigt nicht nur Ihre Motivation, sondern auch Ihr Selbstbewusstsein. Eine absolut positive Entwicklung, die Ihrem Arbeitgeber aber auch gefährlich werden kann. Denn wohlmöglich bitten Sie ihn demnächst um mehr Gehalt oder eine Beförderung. Erkennt Ihr Chef jedoch, dass Sie sein Lob und seine Wertschätzung immer wieder brauchen, kann er Sie damit auch manipulieren: Für ein Projekt werden Sie gelobt, für ein anderes wieder nicht. Um seine Wertschätzung zurück zu erlangen, werden Sie sich beim übernächsten Projekt dann wahrscheinlich doppelt anstrengen. Schließlich geht es Ihnen ja nicht wie anderen, die nie gelobt werden und dadurch vielleicht die Lust am Arbeiten verlieren. So erzielen Sie nicht nur Höchstleistungen, sondern stellen die Gedanken an die Gehaltserhöhung erst einmal wieder zurück. Ähnlich kann auch mit anderen Grundbedürfnissen gespielt werden. Die Überbetonung des Wir-Gefühls in einer Firma gefällt unserem Bedürfnis nach Verbundenheit. Ihren Wunsch nach einer Gehaltserhöhung stellen Sie dann wiederum hinten an, um das tolle Arbeitsklima nicht zu gefährden oder sogar die Verbannung aus der „Familie“, sprich die Kündigung, zu riskieren.
Natürlich ist nicht jedes Lob eine versuchte Manipulation. Die meisten Arbeitgeber möchten Sie damit wahrscheinlich einfach nur fördern – ohne jegliche Hintergedanken. Da es sich zum Teil um unbewusst ablaufende Prozesse (auf beiden Seiten) handelt, ist es außerdem nicht ganz einfach zu entscheiden, ob und ab wann Sie als Arbeitnehmer über Ihre Grundbedürfnisse gezielt gesteuert werden sollen. Wichtig ist, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und sich dafür zu sensibilisieren, dass eine Instrumentalisierung Ihrer Emotionen in Bezug auf den Arbeitsplatz durchaus möglich ist. Wer das weiß, ist beispielsweise in Gehaltsverhandlungen besser gewappnet und kann das Gespräch, das seitens des Chefs wohlmöglich auf der Beziehungsebene geführt wird (z.B. das gute Verhältnis zu ihm und der Firma) wieder auf die Sachebene (das Gehalt) zurückholen.
Das genaue Gegenteil ist, wenn Ihr Chef oder Ihre Kollegen absichtlich negative Gefühle in Ihnen erzeugen möchten. Mobbing, sexuelle Belästigung, körperliche Gewalt oder die Androhung von Gewalt am Arbeitsplatz haben in den letzten Jahren zugenommen. Laut Statistischem Bundesamt gaben 2010 bereits 7,5 % der Befragten an, in den letzten zwölf Monaten am Arbeitsplatz belästigt oder bedroht worden zu sein. Die Formen von Mobbing reichen von Kontakt- und Informationsverweigerung, über die Verbreitung übler Gerüchte und verbaler Angriffe auf das Ansehen und die Persönlichkeit bis hin zu Androhung körperlicher Gewalt. Im schlimmsten Fall mit dem Ziel, den jeweiligen Mitarbeiter aus dem Unternehmen zu vertreiben. Mobbingopfern wird sukzessiv die Möglichkeit genommen, sinnvoll zu kommunizieren. Typisch für den Verlauf des Mobbings ist eine Steigerung der Aggression. Zunächst wird das Opfer vielleicht einfach nicht mehr gegrüßt oder nur subtil angegriffen (Entwertung der Arbeit). In einer zweiten Phase folgt häufig die direkte verbale Entwertung (Lächerlichmachen vor versammelter Mannschaft) und die Isolation. In der dritten Phase kann es dann sogar zu Handgreiflichkeiten oder schweren verbalen "Entgleisungen " kommen.
Auch Mobbing passiert meistens dann, wenn zu viele Emotionen im Spiel sind. Die größten Triebkräfte, die Chef und Kollegen zu Tätern werden lassen, sind Angst und Eifersucht. Angst vor dem Arbeitsplatzverlust, vor dem Abstieg, vor dem Versagen, vor Überforderung. Starke interne Konkurrenz und zu viel Wettbewerb sorgen für Neid und Eifersucht. Der erfolgreichere Kollege oder der vermeintlich am Thron sägende Untergebene wird durch Mobbing in seine Schranken verwiesen. Die Ursachen für Mobbing sind deshalb nicht nur bei den beteiligten Einzelpersonen zu suchen, sondern liegen meist tiefer: in der Struktur der Firma. Unklare Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten resultierenden in Kompetenzgerangel, personelle Veränderungen sorgen für Anpassungsschwierigkeiten und auch intransparente Entscheidungsprozesse bergen Konfliktpotential. Unternehmen sollten sich dieser Dinge daher bewusst sein, frühzeitig dagegen steuern und Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte im Umgang miteinander besser schulen. Auch für die Opfer ist es essenziell, schon bei den ersten Anzeichen von Mobbing ins Handeln zu kommen und sich wenn nötig Hilfe zu suchen, damit der negative Kreislauf von Macht und Ohnmacht sofort gestoppt wird.
Alexandra Jabs Büro für Berufsstrategie
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